24.03.2023, 22:13
Von schönen Dingen
am 01.01.1970
Von schönen Dingen und dem Duft des Sommers
Das Wetter ist in diesen Tagen des Jahres mild, die Gräser unter seinen Füßen neigen sich im lauen Wind der von den hohen Bergen hinabweht und den Duft des nahen Sommers mit sich bringt. Es ist eine Zeit des Überflusses, der Völlerei und eine in denen Hochzeiten geschlossen und Kinder geboren werden. Das Tal indem sich sein Stamm schon seit Generationen niedergelassen hat, liegt zwischen zerklüfteten Bergen deren höchster Gipfel stets von Wolken vergangen zu sein scheint. An seinem Fuß ruht das Zentrum der Götter, der Ort an dem die Priester seines Stammes ihre Opfer bringen und um die Gnade derer Bitten die über allem stehen.
Abseits des Tals, hinter dem befestigten und bewachten Zugang zum Stamm liegen dichte Wälder, kristallene Flüsse und Seen und Felder deren Ernten immer reich sind. Jenseits dessen erstreckt sich eine Wüste, die so weit reicht das ein Reiter zehn Tage und zehn Nächte benötigt um mit einem stetig galoppierenden Pferd hindurchzureiten. Jede wirklich größere Armee die es wagen wurde ihren Stamm anzugreifen, ihre Schätze zu stehlen und ihr Heiligstes zu schänden würden es kaum durch die flimmernde Hitze des Sandes schaffen. Die Bergkette an dessen Fuß einst ihr Stammvater vor unendlichen Generationen das erste Zelt aufschlug, ist unüberwindbar und kein Feind der bei klarem Verstand ist, würde jemals einen überstieg auch nur in Betracht ziehen.
Im Zentrum dessen was einst das erste Zelt des Stammes war, wurden Gebäude aus Sand und Stein gebaut. Es sind nur eine Handvoll, denn kaum ein Mitglied ihres einstigen Reitervolkes erwägt wahrhaftig in einem solchen Raum gefangen zu sein, wenn sie dem Schlafen unter freiem Himmel dessen vorziehen können. Zelte fächern sich Ringförmig um das größte dieser Gebäude, was unweigerlich als Zentrum zu kennzeichnen ist und auf dessen Weg er sich befindet.
Eine Schaar Kinder kreuzt seinen Weg, Jungen wie Mädchen und ihr Lachen ist hell wie der Schlag einer Glocke, ihre Augen vor wilder Freude funkelnd und an seinen Lippen beginnt ein Lächeln zu zupfen das in seinem sorgfältig gestutzten Bart fast untergeht.
Die wenigen Gebäude die errichtet wurden, dienen ihren Tieren bei schlechten Wettereinbrüchen als Schutz, ein weiteres wird für die Versammlungen genutzt, wenn diese nicht unter freiem Himmel stattfinden können und in den wenigen Fällen in denen der Schnee von den Gipfeln der Berge zu ihnen hinab getrieben wird und eben das Gebäude das dass Zentrum markiert. Der Ort der das ständige Zuhause ihrer Stammesmutter ist, der Priesterin die für Fruchtbarkeit und Mütterlichkeit steht, das Heiligste ihres Stammes ist und von jedem gleichermaßen verehrt wird.
Die wenigen Stufen die zu den Steinernen Mauern führen, fallen schnell seinen Zielgerichteten Schritten zum Opfer und er neigt gegenüber den beiden Wachen den Kopf als er sie erreicht. Zwei Frauen flankieren den Eingang des Heiligtums und ihre Waffen glänzen im Schein der Nachmittagsonne die polierten Brustpanzer werfen Reflektionen auf das umliegende Mauerwerk und auf ihre Umhänge in einem Rot das so dunkel ist das es an Blut erinnert.
Respektvoll neigen sie den Kopf als sie ihn erblicken und die Türen schwingen auf. Er ist der Anführer ihres Stammes und hat eins ums andere Mal bewiesen das er diesem Platz mehr als würdig ist. Im Kampf gewann er diesen Platz, das Recht darauf zu führen und den Älteren unter ihnen ist noch immer gut in Erinnerung was er einst ihrem Stammesführer antat. Wie der junge Mann mit dem Gold im Haar, in Blut getaucht im Staub stand, in den Händen das Herz seines Gegners haltend. Diese Zeiten sind schon Jahre her, sein Haar wurde von Gold zu Silber, Falten gruben sich in sein einst ebenes Gesicht und doch ist er von allen unter ihnen der Stärkste, einem Anführer mehr als würdig.
Der Boden unter seinen Füßen ist aus Stein, glattpoliert und Schimmert sanft im Schein der Fackeln und Becken aus Kohle die die Wände säumen. Ruhig schreitet er zu dem großen Becken das den ersten Punkt seines Weges säumt. Es ist so groß das bequem ein Kind von zehn oder elf Sommern darin ausgestreckt liegen könnte und ist mit Kristallenem Wasser gefüllt. Blütenblätter schweben auf seiner Oberfläche und der schwache Duft von Zitronen und Rosen geht von ihm aus. Seine Hände, rau und schwielig vom Jahrelangen Gebrauch das Schwertes tauchen hinein und er wäscht sich routiniert Hände und Unterarme, bevor er sich die Stiefel abstreift und auch seine Füße mit dem Wasser benetzt. Der Umhang über seinen Schultern wird abgelegt und zu den Füßen des Beckens zusammengefaltet niedergelegt bevor er seinen Weg auf bloßen Sohlen fortsetzt.
Die Stille im Inneren ist fast allumfassend, nur das Knistern der Fackeln und Kohlebecken durchbricht sie und scheint wie ein weit entferntes Flüstern. Das Gebäude wurde aus dem Stein des Berges geformt zu dessen Füßen er ruht und direkt aus ihm herausgehauen und so sind die Wände im hinteren Teil des Heiligtums direkt aus dem Berg selbst geformt, auch wenn sie glattgeschliffen und poliert worden sind. Die Vorhalle die er betreten hat ist klein und es zweigen Gänge von ihr ab die tiefer in das Gebäude führen, hinein in das Heiligtum dessen ganzes Ausmaß nicht einmal der Anführer des Stammes kennt. Nur die Priesterin selbst und ihre wenigen Dienerinnen, ebenso wie die verstreuten Wachen wissen um die Geheimnisse des Gebäudes und die tiefsten sind nur allein der Priesterin vorgesehen.
Das Wissen darum erfährt sie bereits als Kind und es ist Tradition das die Stammesmutter im Alter von kaum sechs Sommern von der vorgehenden Stammesmutter ausgewählt wird. Die Kriterien dafür, sind allein ihr bewusst und in den folgenden Jahren wird das Kind zu einer Novizin bevor es schließlich kaum nachdem sie das erste Mal geblutet hat, zur Priesterin gesalbt wird.
Er wendet sich dem linken Gang zu und sein Weg führt ihn Steinerne Treppen hinauf, bis er schließlich in einen weiteren Gang biegt und sich vor ihm ein großer Glockenförmiger Raum öffnet. Eine Seite des Raumes ist hin zum Tal geöffnet und zwischen Seitenden Stofffetzten dringt das Sonnenlicht des Tages wie das Lachen von Kindern hinein. Der Boden ist mit Fellen, Decken und Kissen übersäht. Allessamt Opfergaben derjenigen die die Stammesmutter um ihren Segen erbitten um die Empfängnis eines Kindes oder aber um einen fähigen Mann.
Durch die Stammesmutter werden Ehen geschlossen, Kinder gesegnet und Gebete für eine reiche Ernte gesprochen. Einst als er mit dem kaum getrockneten Blut des besiegten Anführers auf seiner Haut, vor der damaligen Stammesmutter kniete um ihren Segen zu erhalten. Sprach sie von großen Taten die noch kommen würden und von einer noch größeren Ehre die ihm zu Teil werden würde, wenn die Zeit reif wäre. Leere Worte für den Einen doch für Darko sind sie mehr als dies, sie sind die Worte der Götter selbst denn kein anderes Mitglied ihres Stammes hat eine so tiefe Verbindung zu ihnen wie die Stammesmutter.
Jahre sind verstrichen und doch scheint ihm, liegt eines dieser Ehren noch vor ihm und er wird sich erneut gegenüber seinem Stamm und vor allem vor der Stammesmutter selbst beweisen müssen.
Die Vorhänge aus schimmernder Seide in den Farben der Sonne, die im hinteren Teil des Raumes liegen bewegen sich. Ein sanftes Lachen dringt an seine Ohren, so Glockenhell wie Vogelgezwitscher, das Klingeln von kleinen Glöckchen und gedämpfte Schritte auf von Decken bedecktem Böden, bevor er zwischen den Seidenen Vorhängen einen Blick auf seine Trägerin erhaschen kann.
Das erste was er sieht ist das aufblitzen von Sonnengeküsten Strähnen, langen Haares in das kleine Perlen und Glöckchen eingewebt wurden, dann ein blasser Streifen fahler Haut der zwischen Blutroten Schichten Seide hervorlugt und der funkelnde Schein von blauen Augen.
,,Darko!“ sein Name rollt von ihren Lippen, lieblich sanft und scheinen ihm wie eine ferne Liebkosung auf seiner Haut. Fast unbemerkt richtet er sich noch ein Stück weiter auf, straft die breiten Schultern und neigt den Kopf in einer Respektvollen Geste. Schritte nähern sich und dann tritt die junge Frau vollständig in sein Sichtfeld.
Sie ist jung, kaum zwanzig Sommer hat sie gesehen und doch weiß er es besser als sich davon täuschen zu lassen, denn in ihren Augen liegt viel mehr ihr wirkliches Alter glauben lässt. Ihr Haar ist offen und fällt ihr in sanften Locken fast bis zu den sanft gerundeten Hüften. Das Gewand das sie trägt, aus Schichten um Schichten hauchzarter Seide und umschließt ihre zarte Gestalt ebenso wie sie sie kaum wirklich zu zeigen vermag. Das Lächeln auf ihren Lippen ist klein und zart und doch kann er deutlich den sanften Schimmer der Röte auf ihren blassen Wangen erblicken und er weiß das dies kaum von der Wärme des Raumes kommen kann. ,,Kommst du wieder um mich zu umwerben?“ ihre Stimme ist amüsiert aber er glaubt darin etwas zu vernehmen das viel tiefer geht oder aber vielleicht erhofft er es sich auch nur.
Seine Lippen verziehen sich zu einem kleinen Lächeln und er neigt kapitulierend das Haupt ,,Es scheint mir das das ich fast berechnend werde!“ spricht er mit leiser, grollender Stimme und trifft den Blick ihrer Augen die ihn immer an einen Sommerhimmel erinnern.

