Von Regen und Göttlichkeit
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Von Regen und Göttlichkeit

am 01.01.1970


Die Hitze des Feuers leckte über seine Haut, als er zwei weitere Scheite in die Senke warf, die er einst vor so vielen Jahrhunderten in eine der Höhlenwände geschlagen hatte. Die Wärme die über seine Haut strich, war nur ein fernes Echo, eine lang vergessene Erinnerung an etwas das nicht mehr relevant für ihn war. Er war ein Gott, in seinen Adern floss Silber und solche Menschlichen Bedürfnisse wie Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit waren nichts mit dem er sich jemals beschäftigen würde. Hunger hingehen, Hunger war ihm bekannt und es grub sich immer wieder aufs Neue in seinen leeren Magen, hinterließ ein Loch darin und ließ ihn knurren und fluchen.
Fast lautlos richtete sich seine Menschliche Hülle auf, aus dem Augenwinkel warf er einen Blick auf das Mädchen das zwischen Pelzen und Decken gehüllt, zu einer Kugel zusammengerollt wenige Meter von ihm, lag. Sie schlief Augenscheinlich auch wenn er dies schwer sagen konnte, er hatte zwar lang genug unter den Menschen gelebt um einige ihrer Eigenheiten zu verstehen, sie waren trotz alledem noch immer ein Rätsel für ihn. Vor allem solche die sich nicht für den Kampf interessierten und nicht dafür da waren am Ende von ihm verspeist zu werden. Ein Streifen vom Roten Haars fiel ihr über das blasse Gesicht, verbarg einen Teil davon und lies seine Finger in dem Bedürfnis zucken, es ihn hinter das Ohr zu schieben. Was für Nichtigkeiten waren dies, die ihn seit ihrem Eintreffen in seinem Dasein nur beschäftigten?
Sein Handgelenk prickelte, dort wo das Band aus eng geflochtenen Runenzeichen in seine Haut gebrannt worden war, als er sie das erste Mal berührt hatte, in der Absicht ihr die zarte Kehle zu zerquetschen. Unbewusst rieb er die Zeichen und schickte einen weiteren Fluch gen Höhlendecke, indem er Freya nur das schlechteste wünschte. Dieses Weib, ganz gleich wie sehr sie die Menschen auch verehren mochten hatte mehr als eine Widersprüchliche Ader und eine Listige noch dazu.

Regen fiel in feinen Tropfen vom Himmel und tauchte die Welt zu seinen Füßen in einen Nebeligen Dunst. Die Luft war frisch und kühl und nach einem Augenblick trat er hinaus in das Nass und schloss die Augen.
Das kühle Nass befleckte seine Haut, legte sich über seine Haare, die geflochtenen Zöpfe und lies seine Atmung ruhiger werden. Wenigstens grollte kein Donner über den Himmel und erinnerte ihn erneut an seinen elenden Vater und seinen unsäglichen Zorn. Als er langsam die Augen öffnete und sich mit der flachen Hand über den Bart fuhr, Wassertropfen mit sich riss wand kaum den Kopf als er die Anwesenheit der Frau bemerkte, die im Höheneingang stand.
,,Erfreut dich dein kleines Spiel Mutter?“ Spott tränkte seine Worte als sich der Gott des Krieges und des Todes umwand und die Göttin anblickte.
Freya, Gottesmutter und Frau von Odin lächelt sanft. Sie trug feine Gewände, Gold schimmerte an ihren Handlenken und um ihre Kehle, ihre Augen waren blasse Seen in ihrem Alterlosen Gesicht. ,,Glaubst du es ist ein Spiel, mein Sohn?“
Es hatte Jahrhunderte gedauert bis sie ihn so ansprach und doch wusste er es besser als darüber ein Wort zu verlieren. Es hatte zwischen ihnen genügend Blut und Tod gegeben das es ganze Meere und viele Welten füllen würde. Ihr Waffenstillstand war zerbrechlich, auch wenn er widerstrebend zugeben musste das er sie sogar recht lieb gewonnen hatte über die Jahrhunderte gesehen.
,,Was soll es sonst sein? Jahrhunderte hab ich ein Sterbliches Mädchen nachdem anderen von diesen Schafen erhalten und jede von ihnen wurde ein Platz an meinem Herd zuteil und dieses? Nimm die Runen von mir und nimm sie mit, lass sie dich behelligen oder noch besser Thor!“
Freya Gesichtszüge blieben ruhig und gefasst, wenn auch in ihren Augen ein Funkeln trat das Tyon nur wenige Male erblickt hatte. ,,Weist du Tyon, dafür das du dein Schicksal unter den Menschen gefunden hast, bist du bemerkenswert begriffsstutzig wenn es um sie geht. Weist du nicht wer sie ist?“

Die Wut die sich in seinem Bauch zu einem heißen Knoten zusammengeballt hatte verschwand ebenso schnell wie sie entstanden war. Mit einem Mal fühlte sich der Regen auf seiner Haut klamm und kalt an, mit wenigen Schritten trat er in den Schutz des Höhleneingangs hinein und blieb dicht vor der anderen Göttin stehen.
,,Spiel nicht mit mir Freya, sprich nicht von Dingen die niemals geschehen werden, nicht solange dein Tyrannischer Gatte dort oben über den Himmel reitet!“
Das Lächeln auf den Lippen der Frau war sanft, ganz die Mutter die sie war und ihre Hand hob sich. In seiner sanften Geste legte sie diese auf seine Wange, dort wo einst einer ihrer kleinen Schoßhunde ihm sein Auge entrissen hatte. ,,Tyon, öffne dein Auge für dieses Mädchen und du wirst sehen welches Leben sie dir geben wird. Die Einsamkeit war lang genug dein Begleiter nun wird es ein Stück des Lebens sein. Lethe mag nicht das sein was du erwartet hast, aber sie wird mehr sein als du dir jemals erhofft hast!“
Er riss sich los, stolperte zurück und trat dabei zurück in den Regen der mit jedem Herzschlag an Intensität zunahm. ,,Nein … er … er sagte …!“ brach er mit zitternder, bebender Stimme ab und schüttelte den Kopf. ,,Er sagte das ich nie …“ ,,Glaubst du wirklich das du bist zum Ende deiner Tage alleine geblieben wärst? Wenn es nach ihm gegangen wäre gewiss, aber auch ich habe darin ein Mitspracherecht und wenn es nur ein kleines ist!“
Freya, Muttergöttin und Frau von Odin lächelt mit all ihrer Jahrtausenden langen Weisheit und Wärme als sie den Gott vor sich betrachtete. ,,Lass Odin meine Sorge sein und geh zurück zu dem Mädchen, versuch zu mindestens ein wenig Freundlichkeit zu zeigen und du wirst sehen das sie bald zu einer von uns werden wird!“

Regen rann von seiner Haut, durchnässte ebenso sein Haar und Bart und doch blieb er an der Felswand gelehnt sitzen, die langen Beine ausgestreckt und den Blick zum Berg hinab gerichtet. So fand das Mädchen ihn, in eine Decke aus Bärenfell und Wolle gewickelt. Der Mann in ihm, der er einst einmal gewesen war schien noch immer mit den Worten der Gottesmutter zu ringen, wenn auch der Gott in ihm diese Möglichkeit widerwillig in Betracht zog und doch … Sein ganzes Leben war nie mit Glück oder Glanz geschmückt gewesen, er hatte für alles kämpfen, bluten gar sogar fast sterben müssen um zudem zu werden was er heute war. So etwas, eine solche Kostbarkeit erhielten andere aber gewiss niemand wie er.
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